Der Bauernverband Schleswig-Holstein sieht sich laut eigener Aussage als politische Interessenvertretung der Landwirte. Was das Thema Veganer angeht, begibt er sich bekanntlich gern in die Opferrolle, um diese gesellschaftliche Gruppe mit einem Rundumschlag als Terroristen zu diskreditieren.
»Veganer Terror im Netz!« lautet seine aktuelle Facebook-Schlagzeile, die sich auf ein Video im Netz bezieht, in dem ein Junge ein Glas Milch trinkt. Hierbei zitiert der Bauernverband die schlimmsten und menschenfeindlichsten Kommentare veganer Vertreter, um ein möglichst glaubwürdiges Feindbild gegen diese Gruppe zu konstruieren. Einige der zitierten Kommentare sind schlimm, dumm und nicht zu akzeptieren.

So schreibt eine zitierte Person: »Ich wünsche den Sklavenhändlern des Hofes Pest und Cholera und einen qualvollen baldigen Tod ihrer gesamten Familie!« Es ist nicht zu leugnen, dass es solche Kommentare von vermeintlichen Veganern auf Facebook gibt. Der unter Veganern viel kritisierte Verein Animal Peace hat es sich sogar zur Strategie gemacht, mit menschenfeindlichen Aussagen Aufmerksamkeit zu erhaschen. Zur veganen Szene wird dieser allerdings schon lange nicht mehr gezählt. Eine Außenseiterposition also. Auch ein Großteil der veganen Szene, die sich politisch in NGOs oder anderen Vereinen organisieren, distanziert sich sowohl von Animal Peace als auch von verbalen Angriffen gegen Landwirte.
Man muss wissen, dass die Idee des veganen Lebensstils sich durch alle gesellschaftlichen Schichten zieht. Sie erreicht politisch motivierte Menschen, die sich in Vereinen einsetzen, genauso, wie sogenannte Lifestyle-Veganer und eben auch jene, die ihren Unmut gegenüber der industriellen Massentötung von Tieren unreflektiert in Facebook-Kommentaren Luft lassen, ohne die Folgen ihrer Handlungen zu überblicken. Und sie erreicht auch Menschen, denen Hund, Katze und Schwein zuweilen wichtiger sind als die Mitmenschen neben ihnen. Diese haben aber die eigentliche Idee des Veganismus, nämlich die Befreiung von Mensch und Tier, und dass Tierrechte untrennbar Teil von Menschenrechten sind, schlichtweg nicht verstanden.
»Der Veganazi sucht Opfer«
Doch wie sieht es eigentlich bei den Landwirten aus? Sind sie nur Opfer von wild gewordenen, »bauernfressenden« Veganern? Wohl kaum. Im Rahmen einer Recherche habe ich als Journalist im Auftrag des Veganmagazins eine Anfrage zu einer Drehgenehmigung in konventionellen Mastställen in zwei großen Bauernforen gestellt. Hintergrund der Anfrage ist eine umfassende Reportage zur deutschen Tierhaltung. Diese Anfrage war höflich, keineswegs provozierend und vor allem ernst gemeint. Nach nicht einmal einer Stunde wurde ich in diesen Foren öffentlich als »Veganazi« bezeichnet. Andere Begriffe wie Klugscheißer, Heuchler und natürlich Terrorist ließen nicht lange auf sich warten.
»Auf die ethische Begründung, warum man als Landwirt solche Menschen weiterhin ernähren sollte, werden wir auch wieder vergeblich warten«, schrieb ein Nutzer namens SHierling.

Worin unterscheiden sich nun also die Hasskommentare von Veganern und Bauern in Facebook und Internetforen? Gar nicht. Sowohl bei Landwirten als auch bei Veganern gibt es Vertreter, die beiweilen über die Strenge schlagen und ihren Hass auf die jeweils andere Gruppe, meist anonym, im Internet Luft lassen. Ein Phänomen, welches unsere digitale Facebook-Kultur hervorgerufen hat und kritisiert werden muss. Diese Kommentare aber zu nutzen, um alle Veganerinnen und Veganer in Deutschland als Terroristen zu brandmarken, zeugt von persönlicher Schwäche und fehlenden Argumenten auf der Seite des Bauernverbands.
An die Veganerinnen und Veganer:
Der veganen Idee und den Tieren ist es nicht geholfen, Menschen, die sich leider immer noch an der Ausbeutung von Tieren beteiligen, im Netz oder auf der Straße als »Dreck«, »Abschaum« oder Sonstiges zu bezeichnen, sie medial oder real anzubrüllen oder zu attackieren. Viel mehr noch sind diese Formen des Aggressionsabbaus eine Steilvorlage für Organisationen wie dem Bauernverband Schleswig-Holstein Veganer per se als digitale Terroristen zu brandmarken. Auch ist die Abwertung von Menschen, egal auf welcher Weise, nicht vereinbar mit der Idee des Veganismus, der den Kampf für Tierrechte auch als ein Kampf für Menschenrechte versteht.
An die Bauern und den Bauernverband:
Einzelne schlimme Kommentare immer wieder zu zitieren, um das Feindbild Veganer bei den Bauern zu verfestigen, wird diese Bewegung nicht stoppen. Vielmehr sorgt es für noch mehr Hass im Netz und das auf beiden Seiten. Das Problem wird dadurch also nur noch verstärkt.
Ein Kommentar von Daniel Schneider