von Christian Vagedes //
Politik ist nicht selten seltsam. Statt Zusammenhänge logisch beim Namen zu nennen, schwadroniert man. Jetzt »fordern« namentlich ungenannte Politiker »von Grünen, SPD und Teilen der Union«: Rauf mit der Mehrwertsteuer für Fleisch.
Keine schlechte Idee? Oder?
Politiker lassen leider nicht selten auch Teile der Wirklichkeit unerwähnt.
Im November 2010 forderte die Vegane Gesellschaft Deutschland in einer ihrer ersten Kampagnen: Mehrwertsteuer für pflanzliche Produkte runter und die für tierbasierte hoch. Aus einem bestimmten Grund: Denn während man für ein die Umwelt massiv belastendes und Tierleid erzeugendes Stück Fleisch nur 7 % Mehrwertsteuer bezahlt, wird eine vegane Fleischersatzbulette mit 19 % besteuert. Logisch, dass es genau umgekehrt sein müsste.
Von grün bis schwarz aber passierte über fast zehn Jahre lang nichts dergleichen. Warum jetzt? In der Politik passiert nichts zufällig. Zwischen dem Anspruch nach »mehr Klimaschutz« und der Wirklichkeit der politischen Entscheidungen klaffen Lücken, die als Abgründe bezeichnet werden müssen. Damit die Abgründe nicht unüberbrückbar erscheinen, werden jetzt Bröckchen geworfen. Die sind leicht verdaulich. Die harten Fakten fallen der Politik sonst auf die Füße.

Die aktuelle Forderung hat – wie immer – politische Haken:
> Die Erhöhung der Mehrwertsteuer für Fleisch schont den exorbitant gestiegenen Fleischexport made in Germany. Denn auf Exporte wird keine deutsche Mehrwertsteuer fällig. Der Fleischindustrie tut das also nicht weh, den Tieren und der Umwelt bei so einer Entwicklung umso mehr. Der deutsche Fleischkonsum ist zum Glück: rückläufig.
> Es wird ein Problem auf die Bevölkerung abgewälzt, die teilweise noch gar nicht informiert ist. Flächendeckende Angebote für einkommenschwache »Schichten« fehlen noch. Vegane Produktalternativen sind oft noch zu teuer.
Deswegen sind folgende Schritte jetzt glaubwürdiger und richtig:
> Statt als erstes Steuern auf Fleisch zu erhöhen, sollte die Mehrwertsteuer auf vegane Produkte zunächst deutlich verringert werden. Vegane Produkte dürfen höchstens mit 7 % statt bisher 19 % versteuert werden. Noch besser wären übergangsweise 0 %.
> Offene und verdeckte Subventionen für tierbasierte Produkte sollten unterbunden und umgeleitet werden in die Herstellung pflanzenbasierter Produkte und verstärkt in die Herstellung veganer Alternativen.
> Es darf nicht nur von Fleisch gesprochen werden. Käse, Milch, Fisch und Eier töten ebenso Tiere und schädigen in krassen Ausmaßen die Umwelt. Teilweise sogar deutlich mehr. Davon wollen nichtvegane Politiker meistens nichts hören.
> Der Vorteil veganer Produkte und insbesondere veganer Produktalternativen muss der Bevölkerung in großen Kampagnen vermittelt werden. Danach kann man dann auch die Mehrwertsteuer für Produkte, unter denen die Tiere leiden und der Umwelt unnötige Schäden zuführen, erhöhen.
> Exporte von tierbasierten Produkten sollten zunächst besteuert werden, Exporte veganer Produkte begünstigt, um endlich damit anzufangen, Fleischkonzerne schrittweise zu veganisieren. »Rügenwalder Mühle« ist ein Beispiel dafür, dass das keine Utopie bleiben muss.
Wir brauchen eine ehrliche Politik, die echte Lösungen bringt und die mehr ist als Kosmetik. Eine überparteiliche umweltschützende und tierfreundliche Politik, die Anreize für Unternehmen schafft, Tierquälerei zu beenden und Umweltbelastung drastisch einzuschränken. Vegan ist hierfür der beste Weg. Dafür kann und muss man ehrlich und konkret Partei ergreifen: Für die Tiere, die Umwelt und für die Wahrheit.
Christian Vagedes ist Gründer und Vorsitzender der Veganen Gesellschaft Deutschland und Herausgeber des veganmagazins
